GÜLÇIN AKSOY, GÖZDE ILKIN, YASEMIN NUR
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SERGI

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04.11.2011 – 28.01.2012


Die drei türkischen Künstlerinnen Gülçin Aksoy, Gözde İlkin und Yasemin Nur sind auch bekannt als das Istanbuler Künstlerkollektiv „Atilkunst“, das sich seit 2007 in Gruppenaktionen und –ausstellungen sozial- politischen Themen widmet. In ihrer Ausstellung SERGİ bei Françoise Heitsch treten sie allerdings als einzelne Positionen auf, jede mit ihrer eigens persönlichen Arbeit.


Gülçin Aksoy (1965, Samsun) bevorzugt Plastik als Material für ihre Installationen und Objekte. Technisch gesehen ein dankbares und vielseitig einsetzbares Material, doch auch seine Charakteristiken vollenden seinen Einsatz in Sinnbild und Metaphorik – veränderbar, biegbar, vergänglich, ein Stellvertreter der allgemeinen Zustände. In ihrer Arbeit „Wintergarten“ betont Gülçin Aksoy die ungemein schnelle optische und dimensionale Veränderung des Abbilds eines Cafés in Istanbul. Mit Plastikplanen wurde gegen Witterung und Kälte binnen Minuten ein neuer Raum geschaffen, der Ort wurde verändert; Veränderungen, die in der ganzen Stadt auf unterschiedlichste Art und Weise stattfinden und die soweit gehen, dass man nach einem Jahr eine bekannt geglaubte Straße beinahe nicht wieder erkennt. Das schlichte Café liegt im Stadtteil Bostancı, erst war es staatlich, nun ist es privatisiert. Man spürt die stetige Veränderung der Stadt, des Stadtbildes, der inneren und äußeren Umstände, das Pulsieren des Wandels, und dennoch besteht und übersteht eine Konstante, die Mentalität der Stadt. Die Künstlerin thematisiert diese Vergänglichkeit auch in ihrer Fotoarbeit, auf der Blumen in einer Vase am Straßenrand verkauft werden. Es sind die von ihr täglich gesehenen Orte und Szenerien, die Gülçin Aksoy nach München transportiert. Es gelingt ihr das Undefinierbare dieser Stadt in unsere Erinnerung zu verlebendigen.


Gözde İlkins Arbeiten bestehen aus verschiedenen Materialien, die ihren Alltag reflektieren und mit den Problemen der sozialen Atmosphäre ihres täglichen Lebens identisch sind. Die Künstlerin (1981, Kütahya) arbeitet mit zusammengefügten Dingen, mit Bildern, Geschichten, Fotografien und Objekten, die bestimmte Situationen beschreiben, die Gözde İlkin interessieren. Sie überträgt ihre Stickereien mit Nadel und Faden auf verschiedene Materialien und kreiert dadurch neue Räume und neue Dialoge, die über das Potential neuer Geschichten und Materialien für wiederum neue Produktionsprozesse verfügen. Den Namen, den sie der Ausstellung gibt, „die uns versprochenen Länder, eine Anpassung wurde noch nicht erreicht“, ist der Ort einer imaginären Welt, den man aber nie erreicht. Das Syndrom des „nicht in die Form Hineinpassens“ lässt die Künstlerin Werke herstellen, die uns anfänglich sehr fremd erscheinen. Die Arbeiten, die sie in dieser Ausstellung zeigt, verführen uns in eine surrealistische Welt, wo sie einen Planeten neben einen Traktor erscheinen lässt.


Yasemin Nur (1976, Istanbul) bewegt sich ausschließlich im Hier & Jetzt. „Organisierter Hühnerstall der Erwartungen“ erkort sie zum Thema der Ausstellung und bedient sich dafür an einem Fundus an Zufälligkeiten, d. h. Alltagsdinge, die auf ihrem Schreibtisch landeten, Materialien, Notizen und banale Wichtigkeiten, die sie streiften und die allesamt in einem angelegten Ordner landeten. Thematisch passend oder zufällig sortiert und ausgesucht werden bestimmte solcher, für sie persönlicher Erinnerungsstücke fotokopiert; eine Vorgehensweise stellvertretend ihrer Doktrin der spontanen Unverfälschtheit eines immanenten Wahrheitsgehaltes. Das schnelle Duplizieren einer Wahrheit lässt keinen Raum der Verfälschung zu – eine Art wertvolle Wertlosigkeit. Ein wertvoller Inhalt der Wahrheit, jedoch in wertloser Manier reproduziert. Yasemin Nur interpretiert ihre Gedanken, allgemeines Gedankengut, wechselnde Impulse, vorhersehbare Verhaltensmanieren oder soziokulturelle Tendenzen, die sich zwar ankündigen und gespürt, aber noch nicht gesehen werden können, geschweige denn sichtbar sind.

Gülçin Aksoy ( → Artist Website)
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Gözde Ilkin ( → Artist Website)
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Yasemin Nur
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